Ein Nachruf, Ereignisse, die den Lebenslauf verändern

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Der Wanderkochblog – ein Tagebuchausschnitt aus dem Leben des Wanderkochs mit Geschichten, Anekdoten, Bilder und Gedanken aus einem familiengeführten Hotelbetrieb im Schwarzwald. In der Regel sind das natürlich schöne Geschichten, die in einem kleinen Familienbetrieb geschrieben werden – Urlaubserlebnisse, Wanderungen, Rezepte, welche Appetitt machen sollen, beim Wanderkoch eine erholsame Zeit zu verbringen oder auch bei den wieder daheim angekommenen Gästen Urlaubserinnerungen wecken, schöne Gedanken hervorrufen möchten. Nun sind nicht alle Tage in eines jeden Menschen Leben immer rosig und gerade in einem kleinen Haus, in einem Hotel mit so vielen lieben Stammgästen kann und will der Wanderkoch auch nicht verschweigen, dass es traurige Ereignisse gibt – das gehört dazu zum Leben. Der Schwiegervater des Wanderkochs, der Seniorchef des Rosengartens, derjenige, ohne den es den Rosengarten in dieser Form gar nicht geben würde, ist nicht mehr da. Am Mittwoch, den 7. September 2016 ist er zuhause im Beisein seiner Familie sanft entschlafen.

Ein Nachruf, ein Lebenslauf gehalten an der Beerdigung am 14. September 2016

Werner Schuler wurde geboren am 6. September 1940 und ist aufgewachsen mit seinen zwei Schwestern Waltraud und Gisela im Hotel Rosengarten in Baiersbronn. Verheiratet mit Rosa  seit dem Jahr 1965 und zu dritt mit Tochter Carmen seit 1967.

Wenn man Werners Leben in wenigen Worten beschreiben müsste, dann sind es die Begriffe: Arbeit, Sport und Musik und darüber thronend immer das Wohlergehen seiner Familie im Auge habend.

Seine Arbeit war der „Rosengarten“, den er zusammen mit seiner Frau und vielen Jahren mit seinen Eltern, aber auch viele Jahre mit seiner Tochter und Schwiegersohn führte. So ist das nämlich in Familienbetrieben, da vermischt sich Geschäft und Familie, da ist man immer mittendrin, privates und Arbeit ist oftmals nicht voneinander zu trennen. Wenn man zuhause ist, muss man schauen, dass man sein privates Leben in dem ganzen Trubel noch geregelt bekommt. Ob dies gelingt, merkt man bei Menschen immer, ob sie klagen oder nicht.

Werner klagte nie. Er arbeitete gerne und er arbeitete viel. In einem kleinen Familienhotel bist du als Inhaber vom Kofferträger an aufwärts, eben alles. Und Werner erfüllte diese Rolle mit Leidenschaft, mit Zufriedenheit und strahlte diese auch stets aus.

Wenn man Werner mit drei Adjektiven beschreiben müsste, dann fallen vielen Menschen folgende ein.

Er war ein liebenswerter,
er war ein fairer
und er war ein bescheidener.

Bei der Führung des Hotels ist es von Vorteil, wenn man ein liebenswerter Mensch Ist. Denn zu 99 % kommen die Gäste ja in das Lokal, verbringen ihren Urlaub im Rosengarten, weil sie eine schöne Zeit dort erleben wollen. Wenn dann der Hausherr ein Guter ist, dann ist das die halbe Miete für große Zufriedenheit. Das strahlt ins ganze Haus, angefangen von den Räumlichkeiten, über die Qualität des Essens bis zur Stimmung bei den dort arbeitenden Menschen. Ruhig, fürsorglich und hilfsbereit stand Werner in seinem Betrieb jedem zur Seite.

Wenige Menschen haben eine solche Wirkung, wenn Sie die Szenerie – sei es die Küche, die Theke, das Lokal mit dem Stammtisch, betraten. Wenn Werner erschien, war Ruhe – noch viel mehr – es machte sich immer ein Gefühl der Geborgenheit breit. Präsenz nennt man das, eine Ausstrahlung und Charisma, welches sich völlig unaufdringlich entfaltete und ausbreitete, sobald Werner leise den Raum betrat. Das ist eine Bescheidenheit, die nicht devot ist – ein Selbstverständnis dem Leben gegenüber, das den anderen immer respektiert und in dem Toleranz und Liebe die tragenden Tugenden sind. Und gerade daraus ein Selbstbewusstsein, welches sich in beinahe jeder Situation zurechtfand und die richtigen Lösungen fand.

Erfolg durch Leistung definiert sich in der heutigen Zeit nach: mehr Geld, mehr Ruhm, mehr Sterne. Werner leistete viel, aber seine Werte waren andere. Sie bemaßen sich nicht nach Euros und Volumen, sondern waren geprägt von einem Harmoniebedürfnis und Zufriedenheit für alle Menschen. Und er hatte Erfolg, war erfolgreich im Hotel mit seiner Frau Rosa, war erfolgreich im Sport und fand den glücklich machenden Ausgleich in der Musik.

Und so war Werner ein zufriedener Mensch, mit seiner Familie im Rosengarten tätig zu sein. Doch dies war nicht sein Wunschberuf gewesen. Er wollte Sportlehrer werden. Sport das war genauso wichtig wie die Arbeit und so war seine Jugend, seine Freizeit hauptsächlich geprägt von Sport bis ins Alter, auch in den ersten Jahren seiner Parkinsonerkrankung, war er noch häufig Gast auf dem Tennisplatz und erfreute sich und auch die anderen mit seinem präzisen Spiel.

Da ist es gut, wenn man ein Fairer ist. Ein fairer Tennispartner, ein fairer Handballspieler, sei es nach einem Sieg, sei es in einer Niederlage. Und er verlor nicht gern, tatsächlich verlor er auch nicht so häufig. Denn er hatte einen sportlichen Ehrgeiz, der ihn zu einigem Erfolg führte. Im Tennis und Handball fühlte er sich wohl – eine Einzel- und eine Mannschaftssportart. Und gerade beim Handball und wie er den Handball mit seiner Arbeit, seinem Leben verband, finden sich viele Beispiele, welche Präsenz, welche Wirkung er hatte. Trainiert unter anderem bei Bernhard Kempa, dem Namensgeber des bekannten Wurftricks und der Handball-Marke, in Baiersbronn und in diversen Auswahlmannschaften brachte ihn sein sportliches Können auch zu Spielen gegen Nationalmannschaften anderer Nationen, so spielte er zum Beispiel auch gegen den momentanen Trainer der russischen Nationalmannschaft. Seine Fairness und seine Präsenz auf dem Platz lässt sich auch daran sehen, dass dieses Jahr noch im Sommer ein Gast den Rosengarten betrat und sagte: „Finde ich hier denn den Werner Schuler? Wie geht es dem Werner? – gegen den habe ich vor 55 Jahren in der Liga Handball gespielt.“ So viele Gäste, die dann auch Freunde wurden, hat der Rosengarten durch die Wesensart, die Werner auf dem Platz zeigte, gewonnen. Vielen Menschen war und ist er ein Vorbild im Sport – durch sein Können, sein Talent, aber besonders auch durch seine Art. Wenn bei einem Tennismatch der gespielte Ball strittig war, ob drin oder draußen. Werner hat ihn dem Gegner zugesprochen – auch wenn er es besser wusste.

Nun ist ein Hotel zu führen ein Vollzeitjob und das mit dem Sport zu verbinden war nicht ganz einfach. Und gerade weil Sport zu treiben ja der eigentliche Wunschberuf von Werner war, waren es manchmal wahre Spagate, die es zum Gelingen von beidem benötigte. So ist es wohl so gewesen, dass am Ende der Mittagstischzeit, als im Rosengarten noch zweihundert Mittagsessen von Werner und seiner Mutter gekocht wurden, der Wagen vom Mühle-Schorsch mit laufendem Motor wartete, um ihn rechtzeitig zum Spiel ins Badische zu bringen und womöglich abends wieder rechtzeitig zurück zum Abendessen; sonst waren die Frauen im Rosengarten sauer. Und legendär ist der Spruch von Emma, Werners Mutter, als sie ihn vormittags zur Tennis-Vereinsmeisterschaft verabschiedete und sagte: „Und wehe du brauchst drei Sätze und es wird knapp mit dem Mittagessen.“

Neben dem Sport war die Musik für Werner Lebenselixier. Harmonie und Schwingung, sei es beim Tanzen mit seiner Frau oder beim abendlichen Orgelspiel. Er war ein geselliger Mensch, der auch wusste zu feiern und in fröhlicher Runde zu sein. Man konnte Pferde mit ihm stehlen gehen.

Das Leben von Werner war, wenn man das so nennen darf, ein rundes, ein gelungenes. Sicher hätte es manches gegeben, was man sich anders gewünscht hätte, doch auch in den letzten Tagen und Stunden war das unausweichliche letztendlich auch Werners Wunsch. Der stets sagte: „ich habe alles gesehen auf der Welt, was ich sehen wollte, habe alles erlebt, was ich erleben wollte und habe die Menschen um mich, die ich liebe. Nun lasst mich gehen von dieser Welt“. Und hier ist sein Wesen im Besonderen zu spüren: die Lieben zu schonen, das Beste aus der Situation machen. Und da mag es gut sein, wenn man gläubig ist. Zwar nicht so häufig sonntags in der Kirche, aber jeden Abend in fast 51 Jahren Ehe mit seiner Frau Rosa ein gemeinsames Gute Nacht Gebet gesprochen zu haben und in ihrem Beisein in Frieden einzuschlafen, das spricht für ein erfülltes nun zu Ende gegangenes Leben.“

Und so sind es Täler, die durchschritten werden müssen, um die Höhen auch wieder richtig schätzen zu können. Deshalb blicken wir optimistsich in die Zukunft, sind dankbar, um das gemeinsam erlebte, traurig, dass nun eine Lücke in unserem Kreis und aber auch hoffnungsvoll, ob der Kraft, die daraus erwachsen mag, im Sinne des Verstorbenen sein Lebenswerk weiterzupflegen.

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