Zwei Begegnungen der besonderen Art

|   Rosengarten

Der Wanderkoch weiß gar nicht, ob er davon schon mal erzählt hat. Jeder hat ja schon mal von den legendären big five der Tierwelt gehört. Der Name kommt aus den Savannen Afrikas und umfasst die Großtiere dort: also Elefant, Löwe, Nashorn usw. Und die Krönung jeder Safari ist dann eines der Tiere beobachten zu dürfen...

Nun ist der Wanderkoch ja nicht so häufig in Afrika unterwegs, sondern in seinem geliebten Schwarzwald und da ist es doch naheliegend, dass er auch für die hiesige Region seine persönlichen big five bestimmt hat.

Und nun ist die Sammlung endlich komplett. Nachdem er schon vor längerer Zeit und teilweise auch häufiger den Rothirsch, die Kreuzotter, Auerhahn und Dreizehenspecht beobachten konnte, war nun nach vielen Jahren, direkt am Wegesrand ein Sperlingskauz zu sehen:

 Einmal im Jahr geht der Wanderkoch ganz alleine mal eine Strecke für sich, ganz alleine, um Natur zu spüren, nachzudenken - ganz bei sich zu sein... dieses Mal die lange Grinde von der Schwarzwaldhochstrasse bis nach Schönmünzach. Früh morgens im ersten Licht gestartet, bei feuchtem kalten Novemberwetter sah er recht dicht am Wegesrand einen Baumwipfel mit Punkt. So in etwa sieht doch das Bild oben aus. Im Grunde bemerkt man eine Unregelmäßigkeit im üblichen Bild, noch ohne zu erkennen, um was es sich eigentlich handelt.

Beim näherkommen dann schon der erste innerliche Jubel, noch ohne zu wissen, quasi nur ein Ahnen. Und dann auch noch fast dunkel und das Morgenlicht im Gegenlicht, aber egal... schnell den Fotapparat gezückt, bevor es wegfliegt, das "etwas". Nachdem das erste "Belegbild" gemacht war, dann mit dem Fernglas, juhu eine Eule und bei der Größe konnte es nur ein Sperlingskauz sein. Tatsächlich hat der Wanderkoch da nicht so viel Erfahrung und die letztendliche Bestätigung kam von Patrick aus dem Nationalpark, der das Bild später begutachtete.

 

...und der Wanderkoch hat sein Bildbearbeitsprogramm schätzen gelernt. Ohne dieses wären nur dunkle Flecken zu sehen.

Das verblüffende war, dass die Begegnung mit Spauzi bestimmt über 10 Minuten dauerte. Von wegen scheu und fliegt schnell weg. Nein, der Sperlingskauz wechselte sogar auf die Spitze eines noch näher am Weg gelegenen Baumes:

Tja, so was passiert nicht alle Tage und dankbar und glücklich machte der Wanderkoch sich auf den weiteren Weg, demütig versunken in Gedanken ob der Schöpfung, ihrer Vielfalt und innewohnenden Schönheit.

Obwohl,... Zeit und Ort für einen Luchs wäre auch noch gewesen..., aber wir sollten bescheiden bleiben und das Geschenkte ehrfürchtig und mit Respekt betrachten.

Das also war die erste Begegnung der besonderen Art. Die zweite spielte sich im Oktober auf einer geführten Tour des Nationalpark-Mitarbeiters Flavius Popa ab, d.h. er war derjenige, der uns dieses Erlebnis erst ermöglichte. Seines Zeichens ist er Mykologe des Nationalparks und war Führer unserer Pilztour auf dem Wildnispfad bei Baden Baden.

Im Leben des Wanderkochs spielen Pilze natürlich schon eine gewisse Rolle und so lautete die naheliegendste Frage bei der Pilzführung mit Flavius: "Kann man das essen?" Doch so war es nicht, wir haben sehr wenig über essbar gesprochen; es ist Flavius vielmehr ein Anliegen den Menschen die Pilzwelt im Gesamten näher zu bringen, also nicht nur die essbaren Fruchtkörper mit Steinpilz, Pfifferling und Champignon, sondern auch das Mycel, das ist das Pilzgeflecht im Boden unter der Erde aus dem die manchmal essbaren Fruchtköper wachsen und dessen Eigenschaften, Fähigeiten und Geheimnisse.

Was die Ausmaße eines Pilzes betrifft, so lässt sich das durchaus mit dem Wuchs eines Baumes vergleichen. Der Steinpilz, den wir essen, das ist der Apfel, die Kirsche der Zapfen am Baum, also von der "Masse" des Gesamtlebewesens Baum sehr wenig, denn das  unterirdische Mycel ist mengenmäßig vergleichbar mit Stamm, Wurzeln, Ästen und Zweigen des Baumes, also ein Vielfaches mehr, größer und schwerer. Untersuchungen in den USA haben in einem Nationalpark Oregons ergeben, dass dort ein Pilz im Boden lebt, der über 8 Quadratkilometer groß ist und über 400 Tonnen wiegt und Tausende von Jahren alt ist... und so ein sichtbarer Hallimasch-Pilz-Fruchtkörper (um diese Baumart handelt sich es nämlich bei dem großen "Ding"), den legt man einfach in seine Handfläche und umschließt den ganzen Pilz-Fruchtkörper mit derselben ohne zu ahnen, dass ein paar Kilometer weiter womöglich dessen Bruder am sich zersetzenden Baumstamm wächst.

Und auch die Vielzahl an verschiedenen Pilzen, die von Flavius im Nationalpark nachgewiesen wurden, verblüffte den Wanderkoch: mehr als 1500 wurden mittlerweile identifiziert und katalogisiert. Und es werden immer mehr. Und so war das Highlight der Tour mit Flavius, dass er zum zweiten Mal überhaupt, in der Region einen bestimmten Pilz während unser Tour gefunden hat - eine Wespenkernkeule. Und nein, kein essbares Exemplar, zudem auch noch sehr klein, man vergleiche die Fichtennadelgröße, und unscheinbar:

Und das ist nicht irgendein Pilz, sondern für die Menschen bzw. in der Medizin ein sehr wichtiger, produziert er doch einen Stoff, welcher mittlerweile in der Organtransplantationsmedizin bei Menschen die Abstoßungsreaktion des Körpers mindert und so viele Transplantationen erst erfolgreich sein lässt. Aber was will ein Pilz mit so einem Stoff (Cyclosporin). Tatsächlich fliegen die Sporen des Pilzes durch die Luft und fallen auf einen Wirt, in unserem Fall eine Wespe (in Südamerika sind vor allem Ameisen erforscht worden) und dringt in den Insektenkörper ein. Dort sagt quasi des Cyclosporin zu der köpereigenen Immunabwehr der Wespe: "Hallo, ich bin einer von Euch, ich tu Euch nix!" und so kann der Pilz im Insektenkörper heranwachsen, sich von diesem ernähren, ihn schließlich töten und wieder Fruchtkörper bilden, die dann Sporen fallen lassen. Man erkennt den Wespenkörper, schwarz-gelb (beide Pilz-Bilder fotografiert von Flavius Popa):

Von einer Pilzvarietät aus Südamerika, die Ameisen befällt, weiß man sogar noch von einer viel spannenderen Manipulation des Wirts. Der Pilz beschummelt dort nicht nur die Immunabwehr, sondern er übernimmt die Steuerung des ganzen Tieres (Sheldrake 2020). Und dazu dringt er nicht mal in das Gehirn ein, nein, der Pilz kappt die Verbindung von Ameisengehirn und Muskeln und übernimmt die Steuerung. Der Pilz "befiehlt-steuert-sagt" zu den Beinen "auf, wir klettern jetzt dort drüben den Grashalm hoch, bis in eine Höhe von ca. 20 cm, wo optimale Lichtverhältnisse und Feuchtigket herrschen, und auch nicht so viel Feinde unterwegs sind, wie am Boden. Dort, liebe Ameise, beißen wir auf der Unterseite des Blattes in den Hauptnerv der Blattscheide und verankern uns dort. Dannn darfst Du sterben und ich wachsen..!" - Gruselig, gell (siehe auch: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2011-03/pilz-zombie-ameise)

...sodele, nach so viel Geschichten nun zum Abschluss noch ein paar Bilder der Grindenwanderung des Wanderkochs:

 

 

zurück