Das Leben schreibt manchmal auch traurige Geschichten...

|   Rosengarten

die vornehmste Aufgabe eines blog-Artikels hier auf der "Rosengarten-Seite" ist es wohl, einen etwas anderen Blick auf Dinge zu richten, wie es ein gewöhnlicher Prospekt tut. Hier werden die nicht alltäglichen Dinge erzählt und meist sind es die außergewöhnlichen Geschichten, so wie ein schöner Zeitungsbericht und ein TV-Team im Rosengarten oder auch das Catering für den Bundespräsidenten Steinmeier und seine Gattin.

Aber manches Mal sind es auch traurige Momente, die erzählt werden möchten, ja müssen. Denn in einem kleinen Hotel wie dem Rosengarten, wo sich über die Jahrzehnte besondere Beziehungen zwischen Gästen - Mitarbeitern und und der Familie des Wanderkochs entwickelt haben, da gehören solche Tage und Geschehnisse mit hinzu. Für viele Stammgäste sind wir eine Art zweite Heimat geworden. Für die Menschen, die vielleicht planen einmal zu uns zu kommen, um ihren Urlaub bei uns zu verbringen, mag das folgende andeuten, wie wir hier im Rosengarten "ticken", wie wir unser Leben, unsere Arbeit verstehen und wie wir versuchen unseren Gästen stets einen wunderbaren Urlaubsaufenthalt zu bereiten...

 

Vor gerade mal 1 1/2 Jahren haben wir ja erst unseren Seniorchef verbschieden müssen in eine andere Welt und so kommt es uns allen hier viel zu früh vor, dass am 27. März 2018 nun auch unsere Mama und Schwiegermutter verstorben und ihrem Ehemann in eine andere Welt gefolgt ist.

 

 

Wir sind sehr traurig, dass Sie nun nicht mehr mit ihrem Lächeln unter uns ist, aber wir sind auch froh, dass wir sie  so viele Jahre gesund und voller Lebensfreude bei uns und in uns hatten und haben.

Am 4. April 2018 haben wir Rosa Schuler auf dem Friedhof in Baiersbronn beerdigt und nachfolgend möchten wir Ihnen den Lebenslauf nicht vorenthalten, wie er anlässlich der Trauerfeier vorgetragen wurde:

Gebet:

Mit dir will ich zu Bette geh’n

dir will ich mich befehl’n

du wirst als mein Schutzherr auf mich seh’n

zum Besten meiner Seel’n.

 

Ich fürchte keine Not

auch selber nicht den Tod

denn wer mit Jesu schlafen geht,

mit Freuden wieder aufersteht.

 

Lass mich einschlafen

mit guten Gedanken

fröhlich aufwachen und von dir nicht wanken.

Lass uns mit Züchten unser Thun und Dichten

zu dein’m Preis richten.

 

Pfleg auch der Kranken durch deine Geliebten

hilf den Gefangenen, tröste die Betrübten.

Pfleg auch die Kinder, sei selbst ihr Vormünder

des Feinds Neid hinder.

Amen

 

--> Dieses Gute Nacht Gebet hat Rosa mit Ihrem Ehemann Werner über 50 Jahre lang fast jeden Abend vor dem Einschlafen gesprochen und verinnerlicht.

 

Ein Lebenslauf über Rosa Schuler braucht eigentlich hier an der Trauerfeier nicht vorgetragen werden, denn alle hier versammelten haben ein klares Bild von Rosa vor Augen:

Der eine sieht eine schicke adrette Frau, der andere eine wunderbare Gastgeberin und aufmerksame Wirtin, für manchen ist sie fast so was wie Ersatzmutter oder Ersatzoma gewesen, Sabine und  Friedemann Kley (der Pfarrer und Nachbar Anmerk.) sehen weiße Haare, die sanft und weich durch die roten Geranien am Rosengarten wandern, wenn sie über den Gartenzaun von gegenüber schauen.

 

 

Rosa ist groß geworden mit fünf Geschwistern in der Parzelle Schloss in Obertal. Aufgewachsen in der Nachkriegszeit, in der das Wort „Entbehrung“ noch ein mehr als bedeutsames Wort war. Der Vater das typische Familienoberhaupt, heute würde man sagen der Clan Chef, der die Familie durch schwere Zeiten mit wenig Einkommen und viel Arbeit führte. Die Mutter die gute Seele, die die Familie zusammenhielt mit ihrer Liebe. Söhne durften damals was lernen und die Töchter mussten arbeiten gehen, Geld verdienen, um die Familie mit durchzubringen. Als Kinder mussten die Geschwister „in’d Heibeer ganga“ und durften erst wieder heim, wenn der große Korb ganz voll war. Diese Zeit war so intensiv, dass Rosa nie mehr eine Heidelbeere gegessen hat, obwohl wir später oft mit einem Kuchen, einem Pfannkuchen oder Marmelade neben ihr saßen. So sehr hat dieses Heidelbeersammeln ihre Seele aufgewühlt, dass sie keine Beere mehr essen konnte. Vielleicht hat die ihr innewohnende Konsequenz hier schon ihren Ursprung.

Als 14- jährige kam Sie in Stellung, so wie es damals genannt wurde. Nach Tuttllingen zu Familie Wartmann, einer Fabrikantenfamilie. Das war ihr großes Glück, wie sie später immer erzählte, denn sie wurde aufgenommen wie eine Tochter und lernte dort neben der Arbeit im Haushalt und in der Firma auch das feine Leben kennen, ohne Mangel, sogar Müsli zum Frühstück – und das im Jahr 1953. Und sie durfte überall mit der Familie mithin, im familieneigenen Auto – zu Konzerten, ins Kino und sogar zum Tanztee. Ihre später von uns so oft bewunderte feine Lebensart, ihr Geschmack für Farben und Formen wurde auch dort geprägt.

 

Vor über 60 Jahren hat sie dann im Rosengarten einen nächsten Lebensschritt begonnen.

Ihr Lebenscredo entwickelt aus dem Elternhaus und der Zeit in Tuttlingen war dann:

Nächstenliebe,
einander helfen, füreinander da sein
ordentlich und gepflegt sein,
und die täglichen Arbeiten verantwortungsvoll und aufmerksam und mit Liebe verrichten

Das Leben, welches sie führte, war ein sehr durchdachtes, geplantes. „Halte Ordnung in Deinem Haus und du hast Ordnung in deiner Seele“. Sie hatte durch die Jugendzeit erfahren, dass Familie über alles geht, dass es Struktur braucht und Regeln und durch die Verinnerlichung dieser Eigenschaften wurde sie zu der disziplinierten und großartigen Frau

und der Rosengarten war und ist ihr Lebenswerk, den sie dann mit ihrem Werner, den wir vor 18 Monaten ja erst hier beerdigten, über Jahrzehnte erfolgreich geführt hat.

Und so ist ihr Leben immer mit der Präsenz im Rosengarten verknüpft und der Rosengarten mit Rosa.

Viele Menschen, die heute hier versammelt sind, haben, wenn nicht zu Ihren eigenen Kindern gesagt, dann auf jeden Fall von ihren Eltern gehört:  „Kind, zieh was Ordentliches an, kämm deine Haare, putz deine Schuhe, wir gehen zu Rosa in den Rosengarten!“

 

Mit gutem Beispiel vorangehen, schön dekorieren, immer schauen, dass es den Gästen gut geht und selbst immer gut gelaunt, immer lächelnd, alle begrüßend, allen Menschen, die sie besuchen eine gute Zeit machen – in einer Perfektion, wie wir sie ja von so vielen Powerfrauen hier in der Gemeinde kennen. Es sind die Ehefrauen, die in den Betrieben den Stempel aufgedrückt haben.

Kraft hat Rosa immer in ihrem eigenen Haus auf dem Berg geschöpft: „My home is my castle“ und sie war stolz auf ihr Heim, welches sie mit der gleichen Hingabe pflegte, verschönerte wie den Rosengarten und hier insbesondere die jährliche Blumenpracht ums Haus.

 

Rosa war und ist für uns im Rosengarten Maßstab – gewissermaßen eine Institution und um das zu sein braucht es ein ordentliches Maß Regeln, Ordentlichkeit und Aufgeräumtheit. Und vor allem braucht es Liebe – Menschenliebe und die hatte Rosa.

Und wir haben deswegen so ein einprägsames Bild von Rosa vor Augen, weil Rosa selbst klar war, man sagt dazu heute oft authentisch. Sie war eindeutig, bestimmt, ohne jegliches Falsch oder Kalkül, keine Berechnung oder Taktik, manchmal auch keine Diplomatie – aber vollkommen klar in ihrem Lebensplan. Und Kinder, die in ihrer unschuldigen Ehrlichkeit dieses Juwel in unsere heutigen turbulenten Zeit vollkommen erkannten – gewissermaßen in positivstem Sinne gemeint, ihres Gleichen in ihr sahen–  vor allem die Kinder waren in ihrer Gesellschaft glücklich.

Auch wenn sie hörten von Rosa: „Man gibt die rechte Hand, man schaut beim Händedruck in die Augen, was sagt man" -, wenn sie ein Danke hören wollte, wenn sie etwas gegeben hatte. Denn Rosa gab Regeln vor und lebte sie vor: Die Leitplanken, die sie installierte führten dazu, dass sie geliebt wurde, vor allem von den Kindern. Kindern vergötterten Rosa.

Und sie gab auch gerne und sie gab viel, den Kindern vor allem und auch der Familie, den Mitarbeitern hier ein Stück Kuchen, da eine Jacke von sich, immer und jedem gab sie. Sie hat zwar keine eigenen Enkelkinder, aber gefühlte, hat sie unzählige, ins Obertal in den Weiher, immer Geschenke mitnehmen, der Nachbarschaft die Brezeln und Süßigkeiten, in den Bergergrund immer ein Körbchen mit Leckereien, ihrem Schwiegersohn die geliebte Tafel Schokolade und sich selbst auch, denn sie vergaß sich nicht.

Und so war sie: klar – eindeutig – bestimmt

So was nennt man Präsenz und die kann man nicht einüben oder lernen, die hat man oder hat man sie nicht. Und so sieht fast jeder von uns hier und heute in Rosa eine starke Frau mit festem Willen, die mit den Attributen: Offenheit, Lebensoptimismus, Ehrlichkeit, liebenswürdig und arbeitsam ganz gut beschrieben ist.

Sie lebte, war glücklich, einig mit sich, im Rosengarten, mit ihrem Mann in ihrer Welt. In der sie auch rumkam in der Welt. Über 40 Jahre lang fast jedes Jahr einen Kegelausflug neben den Urlauben mit ihrem Werner – sie war reiselustig, neugierig und lebenslustig.

 

Wie ist sie doch mit ihrem Werner, den Schwestern und den Freunden nach getaner Arbeit im Rosengarten noch um die Häuser gezogen. Und wie oft nach den Festen, morgens um drei noch in der Brücke in der Bäckerei bei frischen Brezeln. Ja, nur wenn es selber einem gut geht, dann kann man auch viel geben. Und sie hat so viel geben können, weil sie auch immer zufrieden war und nicht gehadert hat.

 

Bis dann im Jahr 2016 in einem Jahr ihre beiden Brüder und ihr Werner verstarb, das waren wahrhaft schwere Schläge,  die sie womöglich nie so ganz verwunden hat und die sie dann womöglich irgendwann auch selbst krank gemacht haben. Im November dann die Diagnose Brustkrebs. Davor hatte sie ja schon einen Herzinfarkt erlitten, doch darf man nicht vergessen, dass Rosa bis zu ihrem 77 Lebensjahr keinen Hausarzt hatte, nie beim Arzt war – abgesehen von drei Armbrüchen. Der Krankheit hat sie sich gestellt, sieben Chemositzungen erduldet und am Ende dann, war die Kraft erschöpft und sie folgte ihrem Werner in eine andere bessere Welt.

Der letzte Abschied war dann wieder ein heiliger, ein seliger Moment. Wir durften dabei sein.

 

Ruhe in Frieden, liebe Rosa.

 

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